06.12.20
GVT: Das 100-Wiederholungen-Programm
Wie viele Sätze machst du üblicherweise pro Übung? Drei? Fünf? Oder nur einen? Zehn werden vermutlich die wenigsten machen. Und doch ist genau das der Ansatz des German Volume Trainings (GVT). Dabei wird für eine Übung ein Gewicht im Bereich von 60 Prozent des 1RM als Arbeitslast gewählt. Wenn du also beispielsweise einen Rekord von 100 Kilogramm für eine Wiederholung beim Bankdrücken hast, wählst du 60 Kilogramm. Das gewählte Trainingsgewicht sollte über alle zehn Sätze konstant bleiben. In den ersten fünf bis sechs Sätzen wird dir das Training recht locker vorkommen, die letzten Sätze hingegen dürften eine äußerst schmerzhafte Erfahrung sein, selbst wenn – und das ist gewünscht – kein Muskelversagen angestrebt wird.
Volle Konzentration
Einer der limitierenden Faktoren beim GVT ist die Konzentration. Es ist sehr anspruchsvoll, über zehn Sätze hinweg den Fokus aufrecht zu erhalten, zumal in späteren Sätzen die Ermüdung immer stärker wird. Deshalb eignet sich das GVT auch nicht für Trainingseinsteiger. Vielmehr sollte man einige Trainingserfahrung mitbringen und die korrekte Ausführung der Übungen quasi im Schlaf beherrschen.
Splittraining erwünscht
Klassisch wird im GVT ein 3er Split verwendet. Durch das hohe Volumen je Übung würde bei niedrigeren Splits die Trainingsdauer ansonsten ausufern. Bevorzugt werden komplexe Mehrgelenkübungen, aber auch Isolationsübungen können zum Einsatz kommen. Für die großen Muskelgruppen Brust, Rücken und Beine sind je zwei Übungen empfehlenswert, kleinere Muskelgruppen wie Arme, Waden und Schultern können mit nur einer Übung trainiert werden. Häufig wird auch zu einer Hauptübung, die im 10 x 10 trainiert wird, eine Ergänzungsübung mit 3 x 12 Wiederholungen ergänzt, um das Training zeitlich einzugrenzen. Mehr wie zwei Übungen pro Einheit sollten nicht mit 10 x 10 trainiert werden. Anzumerken ist, dass gewöhnlich immer zwei Übungen in Supersätzen trainiert werden, was den Anspruch noch einmal erhöht.
Kurze Pausen
60, maximal 90 Sekunden sollte die Pausendauer zwischen den Sätzen betragen. Was anfangs noch recht komfortabel erscheint, wird im späteren Verlauf extrem fordernd, insbesondere dann, wenn man sonst dem Training der allgemeinen wie der Kraftausdauer weniger Bedeutung zumisst.
Geringe mechanische Lasten
Ein großer Vorteil des GVT sind die geringeren mechanischen Lasten, was vor allem die Gelenke entlastet. Zudem wird die häufig vernachlässigte Kraftausdauer gefördert. Vor allem aber ist das GVT eine schöne Abwechslung zum „normalen“ Trainingsbetrieb und kann somit helfen, Plateaus zu durchbrechen. Die geringen mechanischen Lasten sind aber auch gleichzeitig ein wesentlicher Nachteil des Systems, denn der überwiegende Teil der Hypertrophie geht eben von der mechanischen Belastung aus. Deshalb sollte GVT auch nicht als generelles Trainingsprinzip angewendet, sondern immer nur für kurze Phasen genutzt werden.
Hohe Effektivität für den Unterkörper
Trotz der geringen mechanischen Last berichten viele Trainierende, die GVT ausprobiert haben, von sehr guten Ergebnissen in Sachen Muskelwachstum, jedoch zumeist nur im Unterkörper. Bedenkt man den Ursprung des GVT, nämlich das Offseason-Training von olympischen Gewichthebern, macht das auch durchaus Sinn. Auch wenn die Versuchung groß ist, auf Maschinen auszuweichen, sollte dieser widerstanden werden. Ein GVT mit Kniebeugen ist brutal, aber in der Regel auch sehr erfolgsversprechend. Aber auch im Oberkörper kann GVT sehr nützlich sein, vor allem bei Trainierenden, die das Problem haben, dass sie ihren Rücken oder ihre Brust beim Training nicht richtig fühlen. Durch das hohe Volumen und die daraus resultierende Blutzirkulation wird in aller Regel das Muskelgefühl verbessert.
Fazit: Einfach mal ausprobieren!
GVT kann auch als Herausforderung an den inneren Schweinehund verstanden werden. Zehn Sätze mit jeweils zehn Wiederholungen, das ist extrem anstrengend. Umso befriedigender ist es dann, wenn man es geschafft hat. Als mehrwöchiger Einschub in das normale Training ist GVT auf jeden Fall einen Versuch wert, ebenso als Schockprogramm für einzelne Muskelgruppen.
Beispielplan:
Tag 1: Brust & Rücken
Schrägbankdrücken10 x 10 im Supersatz mit
T-Bar Rudern10 x 10
Fliegende 3 x 12
Latzug3 x 12
Tag 2: Beine & Bauch
Kniebeuge10 x 10 im Supersatz mit
Legcurl10 x 10
Wadenheben stehend 3 x 12
Beinheben hängend3 x 12
Tag 3: Schultern & Arme
Schulterdrücken Multipresse10 x 10
Vorgebeugtes Seitheben3 x 12
Dips10 x 10 im Supersatz mit
SZ-Curls10 x 10